Schönheit ist, was von der Norm abweicht.
Hans Werner Henze
Hans Werner Henze wurde 1926 als ältester Sohn einer der NSDAP nahestehenden Lehrerfamilie geboren. Deswegen und wegen seiner Homosexualität geriet Henze früh in Konflikt mit seinem Elternhaus. Während seines Musikstudiums musste er 1944 in den Krieg ziehen. Henze schloss nach dem Krieg seine Studien ab, erlernte die Schönbergsche Zwölftontechnik und wurde 1950 künstlerischer Leiter und Dirigent des Balletts am Hessischen Staatstheater Wiesbaden. Dort entstanden erste Sinfonien und Opern, denen bis zu seinem Tod im Oktober 2012 in Dresden viele weitere Werke folgten. Sein Werk schrieb Musikgeschichte, formulierte Henzes pazifistische Gesellschaftskritik musikalisch aus und wird bis heute auf renommierten Bühnen aufgeführt.
1953 siedelte Henze nach Italien um. Mit der Dichterin Ingeborg Bachmann war er freundschaftlich und künstlerisch verbunden, sie schrieb Texte für einige seine Opern, und die beiden lebten zeitweilig zusammen. 1964 traf Henze seinen lebenslangen Partner Fausto Moroni; die beiden waren bis zu Moronis Tod 2007 ein Paar.
Henze war organisatorisch und politisch aktiv. 1976 gründete er den „Cantiere Internazionale d’Arte Montepulciano, der 2026 sein 50-jähriges Bestehen feiert und in seiner Inklusivität und Diversität ein einzigartiges Festival und Kulturwerkstatt ist. Zu Beginn war es ein Projekt Henzes und der damals kommunistischen Stadtspitze und Regionalverwaltung der Toskana; Henze gehörte der Kommunistischen Partei Italiens (KPI) an und lehrte 1969/70 in Havanna (Kuba). Neben weiteren Projekten gründete er 1988 die Münchner Biennale, ein „Internationales Festival für neues Musiktheater“.
In einem Interview 1972 spricht Henze über sein Schwulsein: „Ich glaube, dass man meine Musik einfach nicht erklären kann, wenn man dieses Element außer Betracht lässt. Es ist selbstverständlich maßgebend. Die emotionalen Gründe für ein Kunstwerk sind wichtig. Wenn sie bei mir heute politisch sind und nicht mehr von unausgesprochenen Concetti homosexueller Perspektive bestimmt, dann deshalb, weil ich denke, dass bei der Befreiung unterdrückter Minoritäten eben auch die Minorität der Homosexuellen zu zählen hat. Mein musikalisches Verhalten ist determiniert vom Trauma, das die bestehende Gesellschaft Menschen meiner Kategorie bereitet hat und noch bereitet mit ihrer ,repressiven Toleranz'“ (wieder abgedruckt in: Hans Werner Henze, Musik und Politik. Schriften und Gespräche 1955-1984, erweiterte Neuausgabe, München (dtv) 1984, S. 190-199).